Mittwoch, 7. Juli 2010

Casting 1

Öffentlich-menschlich ist es so,  dass mir  beim Schreiben über das Fußballgucken am Wochenende die Frau Merkel mit ihrer exaltierten "Kapstadt Nummer" (SZ) zugelaufen ist. Da habe ich schon überlegt, ob ich mich mal mit ihr so beschäftigen soll wie in der vergangenen Woche mit der Schwimmmeisterin, bei der sich herausstellte, dass sie “nur” Badewärterin ist. Die Frage in diesem Fall wäre, wie es kommt, dass man so eiskalt und gerissen sein kann wie die Frau Merkel und trotzdem so beliebt. Weil die Leute es nicht merken, weil das zur Gerissenheit dazu gehört, dass man es nicht merkt? Oder weil sie es merken und das gerade gut finden an ihr? - Doch so etwas wird schnell von sich überschlagenden Ereignissen überholt, ihre Popularitätswerte sind jetzt schon am Sinken; dann geht sie auch demnächst  in Ferien, vor allem aber: Ich kann sie nicht einfach so ansprechen und befragen wie die Badewärterin. Schreiben könnte ich ihr. Aber will ich das denn wirklich? – Wer mich viel mehr und schon lange interessiert öffentlich-menschlich ist der ihr politisch und menschlich nahestehende Guido Westerwelle. Der ist genau so kalt wie die Frau Merkel, will auch so gerissen sein wie sie und ist nun aber extrem unbeliebt.  Bei mir so unbeliebt, dass es schon nicht mehr normal ist  und mir eine alte Freundin deshalb schon Homophobie unterstellt hat. Was tiefenpsychologisch bedeuten würde, dass ich latent schwul bin, und die Verdrängung meiner Homosexualität zum Beispiel auf den Westerwelle projeziere, indem ich in seiner Person mit Feindseligkeit begegne, was ich bei mir selbst nicht zulasse. Die Freundin, die eigentlich oft genug Gelegenheit hatte, es anders zu sehen, ist übrigens fest überzeugt davon, dass ich latent schwul bin. Wozu ich nur sagen kann, wenn es latent ist, d,h. verborgen, kann ich es nicht wissen und daher auch kein seriöses Urteil darüber abgeben. Bei dem Westerwelle weiß ich allerdings, dass mir der menschlich schon unangenehm war, bevor er sich geoutet hatte, und dass ich vorher nie auf die Idee gekommen wäre, dass der schwul ist, weil er zu dem Kreis von  Menschen gehört, die ich mir im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen nicht vorstellen will. Hinzu kommt, dass ich zum Beispiel  Wowereit politisch – wenn auch aus anderen Gründen – genau so ablehne wie den Westerwelle, ihn aber zugleich sehr sympathisch finde und mir heute schon Sorgen machen könnte, was aus ihm werden soll, wenn Renate Künast ihn im Job des Regierenden Bürgermeisters von Berlin abgelöst haben wird und ihn seine Parteifreunde bundespolitisch nicht haben wollen. - Woher kommt es also, dass ich den Westerwelle mehr verachte, als es normal ist? – Fanatische Gegnerschaft gegen ideologisch verrannte Neoliberale? Oder sind es doch persönliche, sehr persönliche Gründe? - Fortsetzung folgt.