Donnerstag, 29. Juli 2010

Schattenspiel

Gesehen, was ich mit dem Text von gestern  gemacht habe? – Es ging um Vorgänge im Contessa-Zimmer: Dass die Tess seit etwa 14 Tagen im Contessa-Zimmer zu übernachten scheint und nicht im hinteren Teil der Wohnung bei ihrem Mann. Die Zeichensprache der geschlossenen, der geöffneten oder der halbgeöffneten Vorhänge. Die Variationen des Fensters.  Das subtile Zeichen auf Alles gut/Nicht gut. Die Möglichkeit, nein,  meine Überzeugung, dass der Mann der Tess, der jetzt Semesterferien hat und Zeit dazu, dass der die Zeichen verändert, wenn die Tess aus dem Haus ist. Um mich zu irritieren, um „Zwietracht zu säen“ zwischen ihr und mir. Dieser ganze Blödsinn des Gegenüber-Szenarios. Blödsinn nicht nur, dass der das gemacht hat, auf jeden Fall gemacht haben könnte, weil er es nämlich  schon mal gemacht hat, sondern alleine schon der Blödsinn, dass ich denke, dass er es gemacht hat, egal ob es zutrifft oder nicht; dass ich mich damit beschäftige und mir überlege, was ist das für ein Mann,  dass er auf diese Art sich behauptet in einer Rivalität um eine Frau;  dass ihm nichts Besseres einfällt und dass ich erst ganz zuletzt auf die Frage an mich  komme: Was soll er denn sonst machen? Bei mir läuten und mir eine aufs Maul hauen, wenn ich ihm die Tür öffne? – Text von gestern. Text darüber. Schon im Bett gelegen, kurz vor dem Einschlafen fällt mir ein Schnitzer auf: „wenn sie ein Zeichen setzt, dann steht es“;  gemeint, „dann gilt es“. Und dann war auch noch was mit einem „Wolkenstore“, was überhaupt nicht gestimmt hat. Aufgestanden. Korrigiert. Den Text noch mal durchgelesen und mich gesehen darin wie in einem Spiegel. Den Text auf einmal gelesen als Teil des Blödsinns und des Elends, das er beschreibt. Blödsinn und Elend des Gegenüber-Szenarios: was sich abspielt zwischen meiner Dachwohnung und der Dachwohnung auf der anderen Seite der Straße. Bühne der schattenspielartigen Affäre. Bühne von Imaginärem, schlecht Imaginärem. – Heute Morgen den Text gelöscht. Konnte mir gar nicht schnell genug gehen vom Schwimmen nach Hause zu kommen, um den Text zu löschen. – Warum gelöscht? Warum ihn nicht stehen lassen als Dokument? Dokument von was? Des Blödsinns und des Elends, das aufhören, bitte aufhören soll? - Deshalb den Text gelöscht, weil es aufhören soll. Heute. Sofort. Weil ich nicht mehr länger der Mann sein will, der diese schattenspielartige Affäre hat und darüber schreibt. Nicht aus Eitelkeit nicht mehr sein will.  Sondern aus Widerwillen. Es geht nicht mehr. Es ging eigentlich schon gestern nicht mehr, als ich den Text schrieb. Letztlich an die Tess: was ich wahrnehme von da drüben, wie ich es verstehe, und Mitteilung auch: Hey Tess, Dein Mann manipuliert Deine Zeichen! - Es ging schon gestern nicht mehr, nur hab ich mir da meinen Widerwillen noch nicht eingestanden und habe so getan, als könnte ich mich weiter mit der Tess auf dieser Bühne bewegen - nur der Mann soll sich doch bitte ein besseres Skript besorgen oder von der Bühne verschwinden.  Habe einen Anschein aufrechterhalten für die Tess. Weiter in der Hoffnung, irgendwann vom Imaginären zu einer  Realität zu kommen. Von der schattenspielartigen Affäre zu einer realen oder einer anderen Art der realen Begegnung . Doch so geht das nicht.  Das Imaginäre dreht sich im Kreis.  Es wird sich immer weiter im Kreis drehen. Immer neurotischer und verzweifelter. Endlos. Es ist ein Blödsinn und ein Elend.  Es ist nicht mehr auszuhalten. Deshalb den Text von gestern gelöscht.   Mein Zeichen.  Alles, Tess, aber keine schattenspielartige Affäre mehr. Realität.