Montag, 16. August 2010

Lügen

Vier beste Freundinnen. Alle "Ex-Freundinnen". In der Reihenfolge ihres Erscheinens: Anneli (Anna E.), Claudia, Stephanie, Hediye. Eine von ihnen. Ich kann mich hier bedenkenlos über sie äußern, denn sie liest das Blog nicht. Und darum geht es. – Da hier immer noch niemand die praktische Kommentar-Funktion unter meinen Posts genutzt hat, hole ich mir die Kommentare inzwischen ab, indem ich im Freundes- und Bekanntenkreis auf das Blog hinweise und um Rückmeldung bitte, insbesondere zu meiner Geschichte mit der Tess. Da kam auch schon einiges. Am Witzigsten Peter S., der als Kommentar ein Foto gemailt hat. Im Hintergrund ein großformatiges Gemälde: Porträt von Fidel Castro, daneben ein Text von Fidel mit dem Titel Revolución, darunter Fahnen schwingende kubanische Volksmassen. Vor dem Gemälde ein an die Wand gelehntes Brett und auf dem Brett eine Schnecke, die sich naturgemäß sehr, sehr langsam die schiefe Ebene hoch bewegt. Betreff der Mail: Die Dinge brauchen ihre Zeit. Peter S. ist Psychoanalytiker und Kommunist. – Die beste Freundin, die das Blog nicht liest. Ums Verrecken nicht liest. Obwohl ich sie darum gebeten habe und noch mal daran erinnert und dann noch mal eindringlich gebeten habe: Tu mir eine Liebe, und wenn nicht eine Liebe, dann erweise mir die Ehre und lies das Blog und sage mir bitte, was Du darüber denkst, denn Dein Standpunkt ist mir wichtig, auch wenn ich weiß, wie grundkonservativ Du bist, und dass das alles nicht Dein Genre ist, aber gerade deswegen interessiert es mich, was Du denkst. - Nichts. Immer noch keine Reaktion. Und das von einer Frau, wegen der ich in unserer gemeinsamen Zeit den Begriff Erledigungshase geprägt habe. Sie kommt nicht dazu. Die zwei kleinen Kinder. Der Mann. Der Job. Die Salzburger Festspiele. Das Münchner Wetter? – Ich kann machen, was ich will, sie liest nicht. Als ich von Achtlosigkeit spreche und Gleichgültigkeit, als die ich es empfinde, dass sie nicht reagiert, weist sie das weit von sich, will das auf keinen Fall sein und mir gegenüber schon gar nicht. Aber sie liest nicht, und da sie nicht liest, kann sie sich nicht äußern. – Inzwischen ahne ich natürlich, was los ist. Aber ich will es genau wissen. Ich will wissen, was ihr nicht gefällt - warum sie sich nicht äußern will. Und, ich gebe es zu: Jetzt will ich auch was erleben. Anruf: Wiederholung der Bitte. Dabei erinnere ich an die Sache mit der XXXXX-Inszenierung, die sie auf meine Empfehlung sich angesehen hat mit ihrem Mann, als sie in den Kammerspielen gastierte, und nie kam es hinterher dazu, dass sie sich geäußert hat. Das nächste Mal, wenn mehr Zeit ist. Immer wieder das nächste Mal, bis ich nicht mehr gefragt habe. Da konnte ich mir dann schon vorstellen, wie sie und ihr Mann, die beiden Kulturkonservativen, wie sie sich angesehen haben nach der Aufführung. - An ihr aufschiebendes Verhalten von damals erinnere ich sie jetzt also. Ich habe noch keine zwei Sätze gesagt, da unterbricht sie mich: Ja, ja, ist schon klar, was du meinst. - Geäußert hat sie sich trotzdem nicht zu dem Blog. Bis jetzt nicht. Aber ich gebe nicht auf. Jetzt maile ich ihr diesen Post und dann will ich mal sehen, was passiert. Ich will erfahren, was ihr nicht gefällt. Was es ihr so schwer macht, sich darüber zu äußern. Obwohl ihre Zurückhaltung es verdient hätte, dass ich aufgebe und sie in Ruhe lasse. Aus Rücksichtnahme. Denn es ist doch einfach so: Sie will nicht lügen. Sie will mich nicht anlügen. Deshalb sagt sie lieber nichts. – Leute, die lügen. Leute, die lügen, wo sie gehen und stehen, und sich deshalb selbst nicht mehr kennen. Leute, die Lügen müssen. Leute, die es nicht nötig haben zu lügen. Leute, die nicht lügen wollen. Leute, die lieber nichts sagen, als zu lügen. Nicht lügen als Teil der Kultur seiner selbst. Nicht lügen als Distinktionsmerkmal. Nicht lügen müssen als Luxus. Nicht lügen müssen als Privileg. Lügen und nicht lügen im außermoralischen Sinn. Fortsetzung folgt.