Samstag, 25. September 2010

Süchtig

Das mit den Zuschauerinnen. Das mit dem Cindy-Plot. Das mit meinem suchtartigen Verhältnis zum Plotten: obwohl ich sehe, das wird nichts, ich bin am falschen Platz (verlorener Posten), komme ich nicht davon los, wie ich von der Tess nicht loskomme. Das mit der Tess. – Zuschauerinnen: Statt mich zu unterwerfen der Kundschaft, statt etwas für sie zu machen, lieber etwas machen über sie. Noch besser wäre allerdings, was zu machen mit der Kundschaft. Idee von letzter Woche: eine typische Sat 1-Zuschauerin in einen Plot hinein versetzen. Aber nicht wie zuerst gedacht in einer Nebenrolle. Sondern in einer Hauptrolle, so dass die Zuschauerin die Cindy ist oder die Schwester, aber die Schwester nun als Hauptperson. Denn Cindy kann die Zuschauerin nicht sein, das wäre unrealistisch (bitte nicht lachen!). Also die Cindy-Geschichte erzählen aus der Perspektive der Schwester. Aus der Perspektive einer in den Privatfernseh-Plot versetzten Zuschauerin, einer idealtypischen. Nur, wenn die idealtypisch ist, die Zuschauerin, hat die dann tatsächlich neben den drei Kindern und dem abends vor Erschöpfung stumpf vor sich hinblickenden Mann ein heimliches Verhältnis mit dem Nachbarn, der die Jugendliebe von der Cindy ist? Wieder nicht realistisch. Aber durch den Wirbel des TV-Movie-Plots, von dem ihr Leben erfasst wird. kann sie ja ein Verhältnis kriegen mit dem Nachbarn. Das wird sich zeigen. Jetzt hat sich bereits gezeigt, wie mich jedes Mal meine Plotsucht wieder kriegt. Gestern noch berechtigte Fundamentalzweifel an den Cindys dieser Welt und den Männern zwischen denen sie stehen: dem Dieter-Bohlen-artigen Vollproll, dem verführerischen Silberrücken mit seiner ältlichen Romantik und dem Habenichts mit Herz. Gestern noch kurz davor, endlich den Schneid zu haben, das alles hinzuschmeißen. Kurz vor dem Entschluss, ab jetzt nur noch meins zu machen, auf meinem Material zu plotten, nichts Ausgedachtes mehr, nur noch was ich kenne, mein Leben und das Leben von ein paar Anderen, die ich kenne. Heute Morgen aufgewacht mit dem Vorgefühl der Freiheit. Die Käfigtür ganz weit offen. Ich musste nur noch zur Käfigtür rausgehen. Völlig egal wohin. Das wird sich schon finden, wenn ich mich erst mal frei bewegen kann. Und jetzt, 17 Uhr 32, sitze ich schon wieder im Käfig, als könnte ich es nicht besser haben, und bin kurz davor, die Käfigtür von innen zu zu schlagen. Nur weil ich wieder einen Dreh gefunden habe, wie ich weiter machen kann. Während ich das schreibe, mache ich mir nebenbei schon erste Notizen in der Plot-Datei für den neuen Ansatz mit der Schwester, der idealtypischen Zuschauerin in der Hauptrolle. Kaum erwarten kann ich es, damit anzufangen.   - Das Verhängnis ist, dass mir immer etwas einfällt. Klingt wie Koketterie und jeder denkt, was beschwert der sich, ist doch klasse. Aber tatsächlich ist es nur eine schlechte Angewohnheit, das Haben dieser Einfälle. Denn wo haben die Einfälle mich hingeführt? – Verarmt bin ich. Völlig verstiegen habe ich mich existentiell. Und nicht mehr ich selbst bin ich bei der ganzen Plotterei, die im Grunde nichts anderes als ein Sprechen mit komisch verstellter Stimme. – Finde mir eine Gruppe der Anonymen Plotsüchtigen und beim nächsten Treffen bin ich dabei! - Ich heiße Wolfgang. Ich bin plotsüchtig. Angefangen hat es ganz harmlos, als ich 15 Jahre alt war. Da habe ich den Film Blow Up von Michelangelo Antonioni gesehen ... . Fortsetzung folgt.