Freitag, 10. Dezember 2010

Treffen

Nach langem Hin- und Herüberlegen mich entschieden, nicht zu dem Treffen von Pegasus ins Hotel Michelberger zu gehen. Treffen: Umtrunk mit kleinem Imbiss wegen Weihnachten. Pegasus: meine Agentur. Hingegangen wäre ich - um ganz ehrlich zu sein - auch in der Hoffnung, dass Steffen die lieben Klienten wie im vergangenen Jahr wieder mit einem tollen Moleskine-Kalender beschenkt. Den letzten habe ich zwar nie so richtig in Gebrauch genommen – ich bin einfach nicht der Terminkalender-Typ (mangels Terminen?) -, aber es war das ganze Jahr über ein gutes Gefühl, den gediegenen kleinen Gegenstand immer in Reichweite zu haben, und ein paar Notizen darin habe ich mir schon gemacht. Vor allem aber wäre ich heute Abend zu dem Treffen ins Michelberger gegangen in der Erwartung, Anja zu treffen. Anja, die ich beim letzten Treffen von Pegasus im September kennengelernt habe und mit der ich mich so überraschend gut unterhalten konnte. Die zwei neuen Bekanntschaften des Jahres: Lüder, Musiker, Vater seiner Tochter, Barmann im Gottlob. Und Anja. Mit den beiden ein verblüffend ähnliches Erlebnis: Selbstverständlichkeit des Gesprächs vom ersten Moment an. Offen. Unverstellt. Lebendig. Zu unterstreichen: lebendig - als das Gegenteil von wichtigtuerischer Zurückgenommenheit aka Coolness (aka innere Leere?). - Über Lüder habe ich geschrieben in Lüder. Über Anja in Hotel; über ihr Doppel-Engagement als Schauspielerin und als Mitspielerin in der Gruppe der Michelberger-Freunde. Dazu würde ich sie gerne noch viel mehr fragen, als das letzte Mal möglich war, und überhaupt so ein Gespräch wieder haben mit einer solchen Vertrautheit von Anfang an - zurückzuführen darauf, dass wir vom gleichen Stamm sind oder - auch das war eine Überraschung - dass wir beide täglich Morgenseiten schreiben. - Warum habe ich mich dann aber doch entschieden, nicht hinzugehen zu dem Treffen? - Wenn ich das jetzt so genau wüsste. - Irgendwann gegen 16 Uhr war es klar. Bauchentscheidung. Und jetzt erkläre mal eine Bauchentscheidung: Bleibe heute Abend lieber zu Hause. Wer weiß, vielleicht gibt es gar keine Moleskine-Kalender von Steffen in diesem Jahr. Vielleicht ist Anja gar nicht da, weil sie einen Dreh hat irgendwo weit weg. Oder sie hat keine Lust auf das vertraute Gespräch mit einem fremden älteren Mann heute Abend. Oder ich bin ihr inzwischen zu fremd, nachdem sie meinen Blog gelesen hat, dessen Adresse ich ihr gegeben habe, als wir uns verabschiedet haben beim letzten Mal. Und dann stehe ich wieder nach spätestens zwanzig Minuten in einer Ecke und schaue ständig auf die Uhr, wann es endlich so weit ist, dass ich das völlig an mir vorbeigehende soziale Ereignis verlassen kann, ohne unhöflich zu erscheinen. Jede einzelne Überlegung anfechtbar. Alle Überlegungen zusammen machen die Bauchentscheidung aus. Eine Fortsetzung des Gesprächs mit Anja hoffentlich bald bei anderer Gelegenheit. Vielleicht liest sie den Blog. Dann weiß sie es jetzt, wie sehr mich das freuen würde. Und für den Fall, dass sie den Blog nicht liest, bekommt sie über die Agentur das Link geschickt zu diesem Post. - Das wäre heute Abend nichts geworden, wenn ich zu dem Treffen gegangen wäre. Der ganze Tag war nichts.