Donnerstag, 20. Januar 2011

Ballerinarock

Les Mads; 4.Januar 2011Spiele heute graue Maus mit einem Hemd sowie Blazer von Acne, die Kette ist selbstgemacht und wurde auf dem Travelettes-Flohmarkt ertauscht. 
Was ist das Gegenteil von Bad hair day? – Meine Haare liegen heute so gut. Und keine relevante Person hat es gesehen oder wird es sehen. Völlig egal, wie ich aussehe. Könnte auch in einem dunkelblauen Overall rumlaufen und meine angeklatschten Haare unter einem Plastik-Helm verbergen. Helm, wie ihn Männer auf Bohrinseln tragen. Gibt einen Mann hier im Kiez, der so auftritt. Helm in einem exquisiten Braunton. Bernstein? Overall immer fleckenlos. Arbeitskleidung ist das nicht. Das ist ein Stil-Bekenntnis. – Sonst der Kiez, was Style and Fashion angeht, Diaspora. Hier denken sie immer noch, Mode ist ein Diktat und merken gar nicht, wie sie sich an Codes verdeppen, die viel rigider sind, zum Beispiel an den Code der Unscheinbarkeit und Eleganzverweigerung. – Immer wieder die Überraschung beim Verlassen der U-Bahn in Charlottenburg oder Mitte: wie Menschen aussehen können! Zum Beispiel soDie Ausrede für meinen Ballerinarock von Pins & Needles: Ich habe als Kind zuviel Sissi gelesen und seither den Wunsch gehegt, plötzlich Prinzessin zu sein. Damit es kombiniert mit einem Pullover von Carin Wester nicht allzu lieblich ausschaut, trage ich eine UO-Jacke und den Schal von Acne. - Die Frau, die den Ballerinarock trägt und darüber schreibt, ist Jessica Weiß. Schreibt im Modeblog Les Mads. Gegründet vor drei Jahren zusammen mit Julia Knolle. Toller Name. Idee des Blogs: Zwei Mädchen sprechen über Mode und schreiben darüber. - Sehr erfolgreiche Idee. 650.000 LeserInnen hat der Blog inzwischen und jetzt auch mich gewonnen als Fan der Rubrik Outfits. Erzählung, Fortsetzungsgeschichte vom sich anziehen und sich was draus machen: Die gesamte Woche lag mein uralter roter Trenchcoater, den ich secondhand in einem Londoner Shop gekauft habe, unangerührt in meinem Koffer. So recht getraut habe ich mich nicht, die doch sehr auffällige Farbe zu tragen und gab mir dann doch irgendwie den Ruck, einfach mal zu machen. / Mit Cremefarben gefällt mir der Rotton sehr gut, aber ich denke ich muss noch ein wenig kombinieren und ausprobieren, bis das Stück wieder zu meinem Liebling wird. Top und Schal sind von Acne, Schuhe von Vagabond. Foto der Autorin im roten Mantel. - Aufmerksam geworden bin ich auf Les Mads durch ein Interview mit Jessica Weiß in der FAZ. Tags darauf  gleich noch ein Artikel über Les Mads im Welt-Feuilleton  mit dieser Grundsatzerklärung: Oft genug ist die Mode in ihrem von den Marktzwängen forcierten Tempo das genaueste ästhetische Sensorium der Gesellschaft, findet deren Selbstverständigung über Geschlechter- und Machtverhältnisse, legitime und illegitime Geltungsstrategien und Körperwahrnehmungen ihren Niederschlag in Farbwahlen und Mustermixen. Ganz abgesehen davon, dass etwa die Jacken, die Jil Sander für das japanische Unternehmen Uniqlo entwirft, schöner, schlauer und zeitgenössischer sind als das meiste, was man beim Galerien-Hopping durch Berlin-Mitte zu sehen bekäme. - Ein Feuilleton, in dem so etwas steht, kann nicht so schlecht sein, wie es immer hingestellt wird. - Und heute gar nichts über die Tess? Gestern nichts und heute schon wieder nichts? - Ich überhöre den ironischen Unterton der Frage und verlinke auf Les Mads vom 14. Januar 2011: Die letzten Sale-Lieblinge. Vorgestern Abend es der Tess gezeigt und dazu geschrieben: Das ist einfach nur schön! – Auf sexy kommt man erst mit dem dritten oder vierten Gedanken.  – Korrektur: zweiter oder dritter Gedanke. Und insgeheim: So schön würde es aussehen, wenn die Tess die Bluse tragen würde. 

Wegen Streichung siehe Bedrohung.