Freitag, 7. Januar 2011

Sonderbar

Die Geschichte vom Schlub und mir werde ich fortsetzen in Das alte Biest. Mit dem, was zu dokumentieren ist von letzter Woche. Und die Texte, die ab jetzt entstehen, die werde ich in einen neuen Blog stellen. Was ich dort sonst noch vorhabe, darüber demnächst mehr. Die Geschichte vom Schlub und mir ist eine Art Probelauf für den neuen Blog. Ich will mit ihr einen Schreibprozess in Gang setzen, der, wenn es klappt, ein anderer sein wird als in diesem Blog. – Hier werde ich auf das Thema Der Schlub und ich nur noch eingehen, wenn es Neuigkeiten zu melden gibt wie zum Beispiel: Der Schlub will mich treffen und mit mir reden - oder wenn ich beim Schreiben über ihn und mich etwas Überraschendes herausfinde. Wie gestern. Es ging um die von Anneli angesprochene Großzügigkeit, die kommen müsste von mir, um das Beklemmende aufzulösen, das die Schlub-Geschichte hat. Frage: Könnte die Großzügigkeit nicht schon mal damit anfangen, dass ich endlich einen anderen Ton finde beim Schreiben über den Schlub? So wie man über einen Freund spricht, mit dem es einmal so selbstverständlich und innig war, wie Anneli es nannte. - Jetzt die Notiz von gestern mit der Entdeckung: Die Selbstverständlichkeit und Innigkeit ist nicht mehr zu retten. Auch das mit dem kleinen Bruder, als den ich den Schlub einmal betrachtet habe, geht nicht mehr. Er ist nicht mehr klein. Er ist kein Bruder mehr. Er ist jetzt ein Anderer. Wollte ein Anderer sein. Hat das geschafft. Wollte mir das zeigen. Es hat mir nicht gefallen, was er mir gezeigt hat. Doch das war noch nicht der Konflikt. Zu dem kam es, als ich den Eindruck hatte, dass er mir nur noch zeigen will, was für ein Anderer er jetzt ist - als nichts sonst mehr kam von ihm als diese Demonstration. Was nicht allein an einer Besessenheit von sich selbst, sondern vielleicht auch daran gelegen hat, dass er mit mir nichts anderes mehr anzufangen wusste, als sich mir zu zeigen und vor mir zu beweisen. Weil ich uninteressant für ihn geworden war. So wie er für mich uninteressant geworden war. Meine Uninteressantheit für ihn hat er später umschrieben, indem er sagte, ich sei so abgehoben geworden. Also meine Themen, meine Betrachtungsart, meine Person. mit all dem konnte er nichts mehr anfangen. So wie ich nichts mehr anfangen konnte mit ihm. – Das kommt vor, wenn man sich so lange kennt; Jahrzehnte. Das kann auch in der besten Freundschaft passieren. Die Freunde leben sich auseinander, werden sich fremd. – Und was machen Freunde in einem solchen Fall? – Sie verlieren sich aus den Augen. Gehen getrennte Wege. Gehen sich aus dem Weg. Besser so. Doch was haben der Schlub und ich gemacht? – Wir haben uns noch jahrelang nach der Entfremdung in Abständen von drei bis sechs Monaten weiter verabredet und getroffen. Wir haben aneinander festgehalten, den Anspruch aufrechterhalten, Freunde zu sein. Er, um mir weiter zu beweisen, was aus ihm geworden ist. Ich, weil ich es nicht fassen konnte, was aus ihm geworden ist. Ich mit zunehmender Verachtung für ihn. Und er – ich weiß nicht, wie er mich gesehen hat, ich weiß nur, dass er eine Herablassung mir gegenüber gezeigt hat, die ich bei Überempfindlichkeit auch als verächtlich hätte erleben können. Trotzdem habe ich nicht mit ihm gebrochen, so wie er nicht gebrochen hat mit mir oder sich zurückgezogen hat von mir. - Das ist das Besondere an der Geschichte von uns beiden: Nicht, dass wir uns fremd geworden sind. Sondern dass wir uns das nicht eingestehen wollten. Unsere Sturheit, trotz zunehmender Unerfreulichkeit an unserer Freundschaft festzuhalten. - Ende Notiz von gestern. Hinterher zwei Möglichkeiten durchgespielt, wie ich den Schlub doch noch als Mitspieler gewinnen, ihn als Dialogpartner reinholen könnte in die Erzählung, um gemeinsam dieses sonderbare Verhalten - wenn nicht zu ergründen, dann wenigstens vollständig, d.h. auch von seiner Seite aus, zu beschreiben.