Dienstag, 5. April 2011

Staunen

Schlusssatzsubstanziell, behände, Tollpatsch, . - Sie waren doch auch sonst nicht zimperlich bei der Rechtschreibreform. Hätten sie da nicht auch noch das grammatikalische Geschlecht von das Mädchen reformieren können? Der Mann, der Junge, die Frau, die Mädchen (Singular). Dreimal gelesen in der reformierten Fassung und niemand hätte es mehr für möglich gehalten, dass das einmal anders war. Mädchen -  Neutrum?! – Fast einen abgebrochen habe ich mir im Posting von gestern mit das Mädchen und dem Personalpronomen es, wo es doch natürlicherweise sie heißen müsste. Dabei hatte ich es auch so schon schwer genug mit dem Text. Weil ich es einfach nicht zu fassen gekriegt habe, worum es ging. Nichts Großartiges. Nur dass es mir gefallen hat, wie das Mädchen auf mich eingegangen ist – dass sie etwas mit meiner Art anfangen konnte. Während ich, nachdem ich sie in ein Gespräch verwickelt hatte, nichts anfangen konnte mit ihr und ihrer Gesprächigkeit. Weil ich ihren Beinahe-Unfall mit dem Kinderwagen und den Dialog mit ihr nur am Rande erlebt habe, dabei aber wo ganz anders war. Dort, wohin ich schon die ganze Zeit hingedacht hatte, während ich im Geschwindschritt durch die Straßen ging, aufmerksam beobachtend, was um mich vorgeht, und doch auf nichts mich eingelassen habe, weil ich mit meinen Gedanken und meinen Empfindungen dort war, wo ich mich hingeschrieben hatte am Vormittag und am Tag zuvor (im anderen Blog). Bei der Contessa-Frau, wie ich sie jetzt nenne, nachdem ich sie zwischendurch nur noch als die Frau von gegenüber bezeichnet habe, und nicht mehr als Contessa oder Tess. Sie nicht mehr so genannt habe, um mir nicht länger etwas vorzumachen. Um mich der Realität zu stellen, dass es trotz aller Versuche - ihrer, meiner - nicht einmal gelungen ist, uns miteinander bekannt zu machen und ich nach mehr als zwei Jahren immer noch nicht ihren richtigen Namen kenne. Das ist jetzt der dritte Frühling mit ihr – mit ihrer Abwesenheit. Der erste Frühling: voller Verwunderung darüber, dass mir so etwas passiert, dass ich mich so verlieben kann. Der zweite Frühling: voller Hoffnung und in der ständigen Erwartung, dass es nicht mehr lange dauert, dass es vielleicht am nächsten Tag schon soweit sein wird, dass ich sie kennenlerne, dass ich mit ihr reden und mit ihr umgehen kann wie mit jedem anderen Menschen auch. Jetzt der dritte Frühling: ohne Hoffnung, ohne Erwartung, nicht einmal Enttäuschung oder Bitterkeit gibt es, nur die Fassungslosigkeit über die Groteske unseres Scheiterns und das Staunen darüber, dass es trotz alledem nicht aufhört – dass sie sich nicht längst ganz zurückgezogen hat und dass ich sie immer noch nicht aus dem Kopf kriege. - Das Scheitern hat etwas zu bedeuten. Dass es trotzdem nicht aufhört, hat etwas zu bedeuten. – Was? – Keine Antwort. Nur die Antwort auf die Frage, wo ich gestern war, während ich alles andere nur am Rande wahrgenommen habe.

Gemerkt, wie ich oben umstandslos von das Mädchen zu sie übergegangen bin? - So einfach geht das. So muss man es machen. Warum habe ich es gestern nicht so gemacht? - Ich korrigiere es nicht nachträglich. Ich lasse es stehen als Dokument des Krampfzustandes, in dem ich gestern war.