Montag, 18. April 2011

Umarmung

Frühling Tag 29. Das Liebespaar an der Ecke. Schon von weitem gesehen, wie es sich umarmt. Große weiße Gestalt und eine kleinere. Als ich hinkomme, kenne ich die beiden auch noch. Na, ihr seid ja ein Traumpaar! sage ich und meine das so wie ich es sage. – Die beiden haben vorher schon aufgehört, sich zu umarmen. Ich komme trotzdem ungelegen. Besser, ich hätte das mit dem Traumpaar im Vorübergehen gesagt. Doch dazu kenne ich die beiden zu gut, um nicht wenigstens kurz bei ihnen stehen zu bleiben. Allerdings auch nicht so gut, um sie auf ihre frische Verliebtheit anzusprechen, die ihnen so anzusehen ist, wie man  es jemandem ansieht, der gerade aus dem Bett kommt. – Er fragt mich: Was machst du denn so früh schon unterwegs? – Da ich die beiden nicht stören will, fange ich keine Unterhaltung an, indem ich entgegne, dass es doch gar nicht so früh ist, auf jeden Fall nicht für mich (es ist etwa 8.30 Uhr). Ich murmele nur, dass ich vom Schwimmen komme und blicke dabei erst auf den dünnen langen weißen Mantel, den sie trägt, dann auf ihre schwarzen Plastikclogs und dann zu dem coyotenähnlichen kleinen Hund der Frau, der auf dem Bürgersteig hin- und her hastet und an den Platten schnüffelt. Und jetzt verabschiede ich mich auch schon: Ich kann jetzt gar nichts sagen. Lasst uns das alles beim nächsten Mal besprechen. – Das ist als so launig dahin gesagt in Ordnung, aber Quatsch. Denn es gibt nichts zu besprechen. Ich weiß auch so schon alles. Fast alles. Ich weiß, woher die beiden sich kennen: Pinguin Bar. Warum es gerade jetzt zwischen ihnen gefunkt hat: Frühling, Vollmond um 04:44:00 Uhr. Mit welcher Gemeinsamkeit sie sich näher gekommen sind: sie war mindestens zweimal für längere Zeit in Kanada, er war mindestens dreimal für längere Zeit dort. Im Sommer will er wieder hin, vielleicht für immer dort bleiben. Vielleicht planen sie schon, dass sie ihn begleitet, für immer bleiben nicht ausgeschlossen. Aber was wird dann mit dem Hund? Nehmen sie den mit? Wieder mit zurück? Weil sie den nämlich aus Kanada mitgebracht hat? – Im Winter habe ich mir das gedacht, als ich sie nach langer Zeit zum ersten Mal wieder gesehen habe. Da ist sie mit dem Hund zu Rossmann reingekommen und hat den Hund mit der Leine neben dem Eingang angebunden. Darauf hat sie aus ihrem Rucksack einen Napf herausgenommen, hat ihn vor den Hund hingestellt und aus einer Flasche Wasser in den Napf gefüllt. Wie eine Mutter für ihr Kind hat sie dafür gesorgt, dass der Hund alles hat, was er braucht, bevor sie in dem Drogeriemarkt ihre Einkäufe gemacht hat. Ach ja! Ist es jetzt doch ein Hund, habe ich mir da gedacht. Den hat sie bestimmt aus Kanada mitgebracht, wo sie einsam war in der Hütte, die sie wieder gemietet hatte wie bei ihrem ersten Aufenthalt. Und da ist ihr der Hund zugelaufen und von da an war sie nicht mehr alleine. Daher die Verbundenheit und das Umsorgen des Hundes wie das Umsorgen eines Kindes, das sie nicht hat und nun auch nicht mehr braucht. Sie war damals so konzentriert auf den Hund, dass sie gar nicht bemerkt hat, wie ich sie fasziniert beobachtet habe. Und ich habe sie nicht auf mich aufmerksam gemacht. So ist es bei den Vermutungen geblieben. Aber weil die Szene damals so einen Eindruck gemacht hat auf mich, habe ich mich heute sofort gefragt, wie es nun weiter gehen wird für den Hund, da er die Liebe der Frau ab jetzt mit dem Mann teilen muss. Denn dass das Liebe wird zwischen dem Mann und der Frau, das schien so.

Ohne Beziehung zur Umarmung des Liebespaares. Weil ich ihn am Wochenende entdeckt habe: James Blake. Song: Limit To Your Love . Cover-Version des Songs von Feist - (Lyrics hier): There´s a limit to your love/ like a waterfall in slow motion/ like a map with no ocean … und am Ende: All the trouble that you give me / I know, I know, I know / That only I can save me / I go, I go, I go / I´m down the road / Because there´s no limit to my love.

Like a map with no ocean!