Sonntag, 23. Oktober 2011

Macbeth

Frau aus Mannheim schreibt mir, dass sie bei ihrem Anwalt war, Freund von Peter L, und vom Anwalt erfahren hat, dass Peter gestorben ist. Am Abend hat sie ins Internet geguckt, Biest zu Biest gefunden und ist dann viel zu spät ins Bett gekommen, weil sie alles gelesen hat unter Index PeterL (36). Die Frau heißt Olga, sie war bewegt und gerührt von der Lektüre und dafür hat sie mir gedankt. Ich heiße Wolfgang und bin leider nicht Alkoholiker. Leider, denn im Augenblick (16.15 Uhr) würde ich mich lieber besaufen, als hier zu stehen (ich schreibe im Stehen). Ist das mein Ernst oder ist es ein verzweifelter Trick, um in den Text von heute rein zu kommen? Text, in dem es nicht wie sonst mindestens eine Person außer mir gibt. Nur den Rückblick gibt es auf die schwere Melancholie im strahlenden Sonnenschein, der ich vorhin gerade noch mal entkommen bin. Mit der Erkenntnis, dass es nur meine Gedanken waren, die mich so tief runtergezogen haben, und dass alles, was ich mir da unten ausgemalt habe, zu bewältigen ist, selbst aus dem Sterben ließe sich noch was machen. Nur in der Melancholie lässt sich überhaupt nichts mehr machen, nur immer tiefer versinken in der Mutlosigkeit.

Damit gibt es aber immer noch keinen Gegenüber in diesem Text. Nur noch eine Meldung und eine zweite Leserreaktion. Anfrage: Was ist eigentlich mit dem Roman? – Die Anfrage kommt von der weiblichen Hauptperson der Postings, die ich unter Index Roman (71) zusammengefasst habe. Und wenn ich wüsste, weshalb sie fragt, dann gäbe es darauf viel zu antworten. So aber kann ich mir nur alles Mögliche vorstellen über den Grund ihrer Anfrage und je länger ich das getan habe, desto mehr verfiel ich in ein dumpfes Brüten. Da war ich gerade am Kleistpark. Und als ich dann die Steinmetzstraße lang in Richtung Kurfürstenstraße ging, begann das Denken, das mich runtergezogen hat in die Melancholie. Die Gedanken hatten mit der Frage nach dem Roman nur insofern zu tun, als sie von dem Brüten über dieser Frage ausgelöst worden waren. An der Ecke Potsdamer- / Kurfürstenstraße war ich so tief unten, dass ich mir überlegt  habe, ob ich weitergehen soll, um zu schauen, ob die Joseph-Roth-Kneipe schon offen hat, und da am hellen Tag um 14. 30 Uhr ein Bier zu trinken. Nachdem ich das nicht getan hatte, ging ich zurück und habe in der Akazienstraße die Augenzeugin aus der Meldung getroffen.

Meldung:  Der Mann mit dem Helm hat jetzt schon zum zweiten Mal seinen Helm nicht getragen, sondern einen grünen Hut aus Cord, eine Art salopper Jägerhut, auch wieder sehr originell und elegant. Wie eine Augenzeugin berichtet, war er gestern Abend bei einer Vernissage. Er hatte vorhergesehen, dass es voll werden würde, und sich einen Klappstuhl mitgebracht. Den hat er dann zur Erheiterung der Umstehenden aufgeklappt und sich darauf gesetzt. Warum musste er unbedingt sitzen? Ich kann mich nicht erinnern, jemals bei einer Vernissage gesessen zu haben.

Antwort auf die Frage der Leserin: Was ist eigentlich mit dem Roman? – Das  s a g e  ich Dir, wenn Du es schaffst, dass ich es Dir sagen  k a n n. Wenn ich es Dir schreiben würde, wäre die Antwort so schrecklich, dass es Dir leid täte, gefragt zu haben. Und wenn ich Dir die Antwort sage, ist sie nicht schrecklich? – Nein, weil Du dann auch was sagen kannst.   

Als Wiedergutmachung für alle, die diesen Text gelesen haben, ein Fundstück, das ich perlentaucher.de verdanke. - Shakespeare & Company: Buchhandlung von Sylvia Beach in Paris. James Joyce, Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald haben sich dort in den 20er Jahren getroffen. Ich wünschte, ich wäre damals Kunde der Buchhandlung gewesen, dann hätte ich heute nicht über die Potsdamerstraße gehen müssen.