Sonntag, 27. November 2011

Maniacs

Ist das Schüttelfrost? Werde ich krank? Oder muss ich nur den Thermostat höher stellen? Bei der für November so milden Außentemperatur? Und warum fühle ich mich, als würde jede Nacht ein Vampir an mir trinken? Keine Bissstellen. Es gibt keine Vampire. Es gibt auch keine Feen. Siehe Text dazu in Das innere Biest, Lebenskunst. Hinweis mit Warnung: Nur für die Hartgesottenen unter denen, die es ganz genau wissen wollen. 

Roman Polanski, Der Gott des Gemetzels (Carnage). Film nach dem Theaterstück von Yasmina Reza. Im Odeon um 16 Uhr unerwartet großer Besucherandrang. War gestern Wetten, dass ... ? und Christoph Waltz war zu Gast, frage ich mich, um mich mit meinen eigenen schlechten Witzen zu unterhalten, während ich in der Schlange stehe. Und etwa 45 Minuten später erinnere ich mich an meinen Kalauer, weil er so abwegig gar nicht war. Der Film ist ZDF-kompatibel – oder ich bin einfach nur schlecht drauf, obwohl ich viel gelacht habe und mich 79 Minuten nicht gelangweilt, aber auch gelitten unter der vorgeführten These: wie schnell die Zivilisationskruste aufbricht und zum Vorschein kommen gewaltbereite Maniacs. Zwei Ehepaare treffen sich, nachdem der Sohn des einen Ehepaars dem Sohn des anderen zwei Zähne ausgeschlagen hat, und am Ende gehen die Erwachsenen auf einander los wie zuvor ihre Kinder. Ach ja. Das ist auf jeden Fall die These und das ZDFige. Gut allerdings ist, wie Kate Winslet schwallartig auf den Couchtisch kotzt und den Kuchen erbricht, den Jodie Foster gebacken hat und auf den sie sich so viel einbildet. Noch besser ist, wenn Jodie Foster entsetzt ausruft: My Kokoschka! und den Kokoschka-Katalog aus Kate Winslets Erbrochenem fischt und die nächsten zehn Minuten fieberhaft damit beschäftigt ist, das unersetzliche Stück (Londoner Ausstellung von 1957) zu retten, indem sie es trocknet und parfümiert. Aber am besten ist, wenn die inzwischen betrunkene Kate Winslet das iPhone von Christoph Waltz in das Tulpenwasser wirft und Christoph Waltz darauf völlig fertig mit der Welt ist. Da lacht Kate Winslet sich schief: Wie ein im Park ausgesetzter Hamster sitzt er da, feixt sie. Schnitt und Blick auf Christoph Waltz, der nun tatsächlich so verloren auf dem Boden kauert wie ein im Park ausgesetzter Hamster. Damit die große Komödie dieses Moments losgehen kann, bedarf es langwieriger Vorbereitungen: dass der Mann von Jodie Foster, John C. Reilly , den Hamster der Familie am Vortag im Park ausgesetzt hat, muss erzählt werden (gute Geschichte) und Christoph Waltz muss ständig abgelenkt sein von Anrufen. Das ist nervig - ach, aber auch witzig und ich war wirklich nur schlecht drauf: übellaunig, griesgrämig, enttäuscht von der Harmlosigkeit des Films, aber einer der lautesten Lacher im Publikum. Gefroren habe ich nicht mehr, der Kinosaal war völlig überheizt.