Mittwoch, 28. Dezember 2011

Knecht

Es riecht nach Ölofenheizung. Leute, denen das nichts ausmacht, die halten sich hier auf wie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Und wenn der Raum sich ausreichend mit Zigarettenrauch angefüllt hat, riecht man es sowieso nicht mehr, nur an den Klamotten am nächsten Tag. Mehr Einzelheiten nicht, weil ich ihm nicht schaden will: ihm – nur dieses Detail noch – mit dem hochgestellten Hemdkragen. Einziger, bei dem ich das je gesehen habe im Leben, sonst nur auf Fotos von James Dean oder Montgomery Clift oder Marlon Brando, als er noch sehr jung und eine romantische Figur war. Stellaaaaaaaa! – Er ist auch eine romantische Figur. Wie sehr, ist mir jetzt erst klar geworden. Seit 26 Jahren arbeitet er da schwarz. Oder hat er 29 Jahre gesagt, er, der mir das erzählt hat. Empört über die Ausbeutung des Schwarzarbeitenden durch den anderen, der die Konzession hat. Während ich sofort dachte: Ach, dann sind die gar keine Partner. Und als nächstes mich erinnerte an die unangenehme Szene, die einzige, allerdings sehr unangenehme Szene mit ihm. Es ist ein Haus, hatte er zu mir gesagt, als er mich zur Seite nahm, um mir zu sagen,  dass das Lokalverbot, das der andere mir erteilt hatte, auch noch gilt nach zwei Jahren, und auch wenn er arbeitet. Lokalverbot, weil ich den anderen ein Arschloch genannt hatte und das nicht zurücknehmen wollte, mich im Gegenteil bestätigt sah in meiner Aussage, als er eine Entschuldigung in aller Form verlangte. Es ist ein Haus, hatte der Schwarzarbeiter gesagt; es ist sein Haus, hätte er sagen müssen, das Haus des anderen, und da es sein Wunsch ist Entschuldigung oder Lokalverbot –, muss ich dich bitten zu gehen, wenn du dein Bier getrunken hast. Weil er seine Rolle als Knecht zu überspielen gewohnt ist, erklärte er nicht, dass er damit dem Wunsch des anderen folgt, sondern sagte nur, dass er mich bitte zu gehen nach dem Bier, das ich bestellt und noch gar nicht bekommen hatte, aber nun nicht mehr wollte. Bis heute habe ich nicht verstanden, warum er meine Bestellung überhaupt angenommen hatte, da er mich doch kurz darauf zur Seite nehmen wollte, um mir zu sagen: Es ist ein Haus.