Sonntag, 29. Januar 2012

Nachsatz


Haus am Kleistpark  15:45

Mail an den Galeristen mit dem Link zum Posting Dr. Future und dem sparsamen Text: Danke für den guten Abend. W.G. – Das Wenigste und das Beste, was noch zu sagen war: Gute Leute, die er zusammengebracht hat an dem Abend mit seiner Ausstellung, tolle Ausstellung. Das steht auch in meinem Posting am Ende, aber wird es deutlich? Mit keinem Satz erwähnt, was geleistet wurde damit, diese Ausstellung (31 Künstler aus 10 Ländern und 3 Kontinenten) zustande zu bringen. Gerade noch unterdrückt den Impuls, mich lustig zu machen darüber, dass im Textauftritt unter dem Titel der Ausstellung steht: Kuratiert von Matthias Seidl - und Matthias Seidl ist der Galerist selbst. Dabei ist es nur zu verständlich nach der galeristischen, meinetwegen auch kuratorischen Leistung, dass er die auch ausgewiesen haben will. So wie auch verständlich ist, im Sinne von entschuldbar, der Humbugismus des Begleittextes zur Ausstellung und in Teilen der Eröffnungsrede. Das gehört eben dazu: der Katalogsprech und das An-den-Haaren-herbeiziehen einer Relevanz, als hätte die Kunst selbst keine. Womit sie letzten Endes zeigen, wie wenig sie von der Kunst selbst halten und wie wenig sie ihnen sagt. Deswegen bin ich hergefallen über den Text des Galeristen und seine Rede. Und als ich ihm am Samstag die Mail geschrieben habe, da war ich angefressen, weil er mich am Vortag hatte hängen lassen und mir nicht jpgs geschickt hatte wie versprochen. So dass ich mir mit der Köpfe-und-Kunst-Serie helfen musste, die ich fotografiert hatte. Offenbar hat die Matthias Seidl gut gefallen, denn in seiner Antwort-Mail schreibt er mir, dass meine Bildauswahl seines Erachtens doch ausreichend sei. Stimmt auch wieder und ich will mal nicht so tun: Mir war klar, dass er nicht liefern würde, und deshalb habe ich die Köpfe-Kunst-Fotos gemacht. Ende Vorwort.

Am Anfang seiner Mail schreibt der Galerist: Danke für den link zum Blog. Die freie Meinungsäußerung ist eines der höchsten Güter unserer Gegenwart - und hoffentlich, da ständig bedroht, auch unserer Zukunft!  – Wie es anderen Lesern ergeht? Bei mir war es so, je länger ich den Satz wirken ließ auf mich, desto mehr kam der Nachsatz rüber wie eine versteckte Drohung. Und wie es zu der kommt, erkläre ich mir so: Der Galerist hat sich geärgert über mein Posting. Aber der Verhaltenskodex verlangt, dass er gelassen reagiert, cool bleibt. Das ist ihm auch beispielhaft gelungen. Nur irgendwo muss er hin, der Ärger, der Zorn. Und da ist er in diesen Nachsatz geschlüpft, der eine Hoffnung ausspricht und wie eine Drohung klingt. Wie elegant! Da bin ich bei ähnlicher Gelegenheit unbeholfener gewesen im Umgang mit meinem unterdrückten Ärger, mit meinem unausgelebten Zorn. Neun Seiten Text brauchte es, bis mein Zorn sich aufgelöst hatte im Orange von Ulianes Farblehre. Und als er fertig war, kam es mir vor, als hätte ein anderer den Text geschrieben. Ein scheußlicher Text war es, aber was darin stand, war so, dass ich dachte, das soll unbedingt festgehalten werden, und so habe ich ihn überarbeitet wie einen Text von jemand anderem. Bis ich gestern die Schnauze voll hatte und mir sagte: Jetzt lasse ich ihn, wie er ist, so klobig und so plump. So plump war ich, als ich ihn geschrieben habe und um Plumpheit geht es doch auch in dem Text an einer wichtigen Stelle. Der Titel des Textes ist Eintritt frei. Morgen gibt es den ersten Teil.