Donnerstag, 5. April 2012

Qualm

16.05 Uhr. Warum sperrt die Polizei die Akazienstraße ab? Vorbereitungen für einen Rummel, den es geben wird über die Feiertage auf der Hauptstraße? Bloß nicht! Aber jetzt ist das Polizeiauto auch schon weg. Runtergefahren zur Kreuzung Akazien- / Belzigerstraße. Da stehen eine Ambulanz und zwei Feuerwehrautos und noch bevor ich den Qualm sehe, rieche ich ihn.





Nachdem alle Fenster geöffnet sind, ist der Rauch schnell abgezogen. Keine Flammen, keine Gefahr für die anderen Wohnungen. Schwelbrand. Die Wohnung ruiniert. Die Bewohner des Hauses noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen. Und im Treppenhaus wird es noch monatelang nach kaltem Rauch riechen. Die Leute aus der betroffenen Wohnung wurden von einer Nachbarin heute Morgen beobachtet, wie sie ihre Rollkoffer hinter sich her ziehend zur U-Bahn gingen, auf dem Weg in die Feiertagsferien. Oder sie kommen in einer halben Stunde von der Arbeit nach Hause und sehen schon von weitem, was ihnen passiert ist.

  

Kein Unheil. Kein Entsetzen. Männer, die wissen, was sie zu tun haben, machen ihre Arbeit und sind entspannt. Das Publikum ist aufmerksam, ernst und hat Respekt. Die Stimmung ist gut. Und Wichtigtuer gibt es überall. Einer ist noch gar nicht so alt, hat aber schon eine Glatze am Hinterkopf. Sein rechter Arm um die Schulter seiner Freundin gelegt. Die beiden noch nicht so lange ein Paar, er glaubt, ihr was bieten zu müssen. Als er neben sich das Verschlussgeräusch meiner Kamera hört, sagt er zu der Freundin: Ah, wie ich das hasse! – Aus Gründen, die nichts mit dem Wohnungsbrand zu tun haben, bin ich gut gelaunt. Ich warte darauf, dass er sagt, was er hasst. Er ist ein Schaulustiger wie ich, hält sich aber für was Besseres. Wir könnten jetzt richtig Spaß miteinander haben. Aber er sagt nichts mehr.




Am Ende wird es familiär. Klaus mit seinen beiden Kindern, die er gerade vom Kindergarten abgeholt hat. Er strahlt, die Kinder strahlen. Daran, dass sie mich sehen, kann es nicht liegen. Die Kinder kennen mich nicht. Der Nachmittag ist gerettet, sagt Klaus mit Blick auf den Feuerwehreinsatz, an dem die Kinder jetzt allerdings langsam das Interesse verlieren. Alles getan, gleich wird sich die Menge der Schaulustigen zerstreuen. Der Rest ist Papierkram und ein Versicherungsfall. Hoffentlich sind die Leute versichert, bei denen es gebrannt hat.


Fotos: ã w.g.