Mittwoch, 16. Mai 2012

Affären

Kunst und Spekulation: Ist nach dem Finanzmarkt auch der Kunstmarkt durchgedreht? – Gestern Abend nicht zur Diskussion bei Gondwana gewesen, weil es schüttete, als ich hätte losgehen müssen. Das war jedoch nur ein Vorwand. Am Morgen hatte ich die genaue Anfangszeit nachgeschaut und gesehen, dass neben Christine Meixner vom Tagesspiegel und Heinz Stahlhut von der Berlinischen Galerie auch der Künstler teilnehmen sollte, den ich bei seiner Vernissage vor vier Wochen schon kaum ausgehalten hatte wegen durchfallartiger Redebeiträge und seiner Selbstverliebtheit, und ich wollte nicht noch einmal über ihn herziehen müssen. Schon gar nicht wegen seiner Selbstverliebtheit, seiner leidenschaftlichen Selbstverliebtheit. Wie schön für den Mann so eine heftige Affäre mit sich selbst zu haben, könnte ich denken, so großzügig wie ich sonst denke. Doch da bin ich kleinlich, weil meine Affäre mit mir selbst ein Hintertreppenverhältnis ist. Sex ja, aber keine Küsse. Und niemand soll davon erfahren. Wenn wir uns in der Öffentlichkeit begegnen, tun wir so, als würden wir uns nicht kennen. Das jetzt ein Witz. Im Ernst: So lange ich mit meiner Affäre mit mir selbst nicht ins Reine komme, indem ich mich entweder zu ihr bekenne oder sie beende, gehe ich Menschen lieber aus dem Weg, die so über beide Ohren in sich verliebt sind wie der aktuell bei Gondwana ausstellende Künstler.