Donnerstag, 3. Mai 2012

Tomboy


Rita Pavone
  
Mit neun ist heute Schluss mit Kindheit, da beginnt die Vorpubertät als eine eigenständige Lebensphase, sagt Céline Sciamma im Interview mit Christina Nord für die taz und ich lese das und denke, da kannste mal sehen, wie sich alles beschleunigt, jetzt sogar die Kindheit, aber dann fällt mir ein, dass meine Kindheit auch schon mit neun beendet war und ich von da an nur noch erwachsen werden wollte - Mannsein war gar nicht so wichtig, auf Mädchensein bin nicht gekommen, Erwachsensein war der Punkt.

Außerdem hat Sciamma noch beobachtet, dass konträr zur zunehmenden Gleichstellung der Geschlechter die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Aussehen und Attitüde immer stärker hervorgekehrt werden. Was schon beim Angebot an Kinderbekleidung beginnt, sagt sie und muss es wissen, denn sie hat für ihren Film Kinderkleidung eingekauft. Und dennoch: Wann sagt endlich mal ein Regisseur, hier eine Regisseurin, zu einem Interviewer, hier eine Interviewerin: Hören Sie, Madame Nord, ich bin Filmemacherin, wenn Sie sich für soziologische oder psychologische Fragen interessieren, kann ich ihnen die Titel von ein paar Büchern nennen, die ich bei der Vorbereitung meines Films gelesen habe, aber wäre es nicht lächerlich, wenn ich hier als Expertin für Gender-Forschung posieren würde? Dabei habe ich so viel zu erzählen, wie das war, mit all den Kindern zu arbeiten bei Tomboy. Und wussten Sie, dass ich meinen Film mit einer Canon 7D gedreht habe, einer Digitalen Spiegelreflexkamera, also einem Fotoapparat mit Videomodus?  - Darüber haben Céline Sciamma und Christina Nord dann auch noch gesprochen im Interview für die taz: Die Kindheit ist heute kürzer. Zuvor jedoch haben sie die bei der journalistischen Vermarktung von Kinofilmen übliche Expertengesprächs-Posse aufgeführt, als wäre der Film so uninteressant, dass es sich nicht lohnt, länger über ihn zu reden. Aber so ist es ist nicht. 

Tomboy = burschikoses Mädchen, Range, Wildfang.