Sonntag, 25. November 2012

Geborgenheit


Auf einmal fehlt Geborgenheit, die auch vorher nicht da war, doch jetzt wird sie vermisst. Nicht mal in meinen Bookmarks finde ich sie: Was hat sich denn da angesammelt? Wo ist das kuschlige bunte Leben hin? Das bin doch nicht ich, denke ich beinahe täglich, wenn ich meine gespeicherten Links aufrufe. Mit Abstand noch am ergiebigsten Vice Mag, sowohl in der deutschen als auch in der US-amerikanischen Variante. Aber was für eine harte Welt! Die Wende war im August, als ich den Browser neu runtergeladen und dabei die Lesezeichenliste neu eingerichtet habe, nur die Standards übernommen und alles andere sollte neu und anders sein. Damals habe ich auch das Blog von James Deen entdeckt und angefangen, es täglich zu lesen (intelligenter Hardcore Porno-Darsteller bloggt über sein Arbeitsleben). Das Lesezeichen habe ich immer noch, aber das Blog lese ich schon lange nicht mehr. Dazu bin ich nicht mehr hart genug (HA!HA!).

Keine Geborgenheit in den Lesezeichen. Dafür heute im Verlauf. Gestern kurze Recherche zu Diedrich Diederichsens Buch über The Sopranos, weil ich mich am Nachmittag auf der Treppe nach oben gefragt habe: Hat der nichts Besseres zu tun, als ein Buch über eine Fernsehserie zu schreiben? Auch wenn sie so epochal ist nicht nur für das Fernsehen, sondern für das Erzählen in der westlichen Welt überhaupt? Das für mich charakteristische pingelige Denken und die Antwort hätte ich mir selbst geben können: Der DD hat noch nie über was anderes als über sowas wie die Sopranos geschrieben. Nur dass es in der Vergangenheit Popsongs waren, mit denen er uns unser Lebensgefühl erklärt hat. So genial, wie wir (wenn wir ehrlich sind) es nie für möglich gehalten hätten, dass wir kleinen Pisser und Mitzucker dazu einen Anlass geben könnten.

Aber das Entscheidende an dem er uns Anteil haben lässt, ist nicht die Genialität, die Brillanz und die popkulturelle Belesenheit, das Um-die-Ecke-Denken. Es ist die Kreation eines Wir. Und das geht so: Interview darüber, wie TV-Serien wie The Sopranos mit einem Mal Popkultur wurden.

Niemand kann es genau sagen, aber es gab eine Zeit, in der wir alle nicht mehr ausgegangen sind. 

Wer wir ist bleibt unerläutert, muss auch nicht erläutert werden. Denn diejenigen, die es angeht, die wissen sofort, wie es gemeint ist, wenn er hinzufügt:

Zwei, drei Jahre später haben wir auf einmal gemerkt, dass wir alle dasselbe getan haben.

Dasselbe: Auf DVD und das heißt im Original mit Untertiteln die epischen Serien des Pay TV-Senders HBO  gucken. The Sopranos. Six Feet Under. The Wire. Für andere sind es Lost oder Sex in the City oder Mad Men gewesen. Aber für das Wir macht das keinen Unterschied. Und ich muss jetzt auch nicht erklären, was das mit Geborgenheit zu tun hat.