Dienstag, 13. November 2012

Schneller Gast


Sie ist eine der vier ausstellenden Künstlerinnen - Inga, Ulrike, Ingeborg und Inga - und ihre Haare sind grau geworden in der langen Zeit, in der die vier Frauen sich schon kennen. Drei Malerinnen, eine Fotografin, befreundet und verbunden durch ihr experimentelles Verhältnis zu ihrer Kunst, während Überlegungen in Richtung Kunstmarkt nie eine Rolle gespielt haben. An ihrer Seite ihr Ehemann und hoffentlich sind nach mir noch andere Besucher gekommen, obwohl ich mir allergrößte Mühe gebe, liebenswürdig zu sein, während ich es so schnell es geht hinter mich zu bringen versuche. Mein Wichtigstes bei all dem, dass die Frau nicht aufstehen muss, denn sie ist entweder behindert oder sie leidet an den Folgen einer Verletzung. Ihre zweite Krücke lehnt an dem Heizkörper gleich neben der Eingangstür und war das Erste, was ich sah, als ich die Galerie betrat. Es fällt mir leicht, ihr Freundlichkeiten zu sagen, weil mir ihre Arbeiten noch am besten gefallen. Am meisten diese Collagen:

© Ulrike Frank

Als ich mich verabschiede mit den Worten: ich bin ein schneller Gast, lächelt mir ihr Mann, der mich erst ablehnte, wohlwollend zu. Ich merke, dass das alles war, was ich gewollt habe. Mehr brauche ich nicht. Ich muss auch nicht darüber schreiben. Ich muss nie wieder über Kunst schreiben. Am Sonntag war das. Die Vernissage drei Tage vorher hatte ich verpasst, weil ich mich nicht wieder erfolglos um einen Blickkontakt mit Sabine Baer bemühen oder alternativ einen quälenden Dialog darüber führen wollte, warum es bei der letzten Vernissage im Kunstraum Ko nicht möglich war, so zu tun, als würden wir uns kennen, und uns zu begrüßen wie zwei Leute, die schon einmal miteinander geredet haben. Dann kenne ich die Baer eben auch nicht mehr, habe ich mir gedacht, bin zu Hause geblieben und konnte angesichts der Szenerie, die sich mir am Sonntag dargeboten hat, nachträglich nur froh sein über diese Entscheidung. Habe jetzt doch darüber geschrieben - aber nur um mich abzulenken von etwas, das mich in diesen Tagen viel mehr beschäftigt als Kunst in Schöneberger Ausstellungen.